Christian Reintjes

C Reintjes

Personenbeschreibung:

Christian Reintjes ist Professor für Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt empirische Schul- und Unterrichtsforschung sowie Vorsitzender des Zentrums für Lehrerbildung, Universität Osnabrück. Er ist außerdem Vorsitzender der DGfE Sektion 5: Schulpädagogik und stell. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates für die Gemeinschaftsaufgabe „Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich“ (Art. 91 b Abs. 2 GG). Seine Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte sind Lehrerbildung (u.a. ICT-Professionalisierung und Professionalisierung in einer digitalisierten Welt sowie arbeitsmarktbezogene Rekrutierungsmaßnahmen zur Deckung des Personalbedarfs im Bildungssystem), Steuerung im Bildungswesen und Bildungsberichterstattung, Reflexion und Reflexivität sowie Aufgaben in Unterricht, Schule und Lehrerbildung.

Abstract:

Lehrerbildung in Zeiten von Corona - Empirische Befunde, Konsequenzen und Potentiale für das Lehren und Lernen 

Die Digitalisierung ist in den vergangenen Jahrzehnten weit fortgeschritten und birgt weitreichende Implikationen für alle Gesellschaftsbereiche. Technologische Entwicklungen und die Verfügbarkeit neuer Ressourcen bieten neue Möglichkeiten und begründen zugleich die Notwendigkeit neuer bzw. weiterentwickelter Handlungskonzepte (Nonte et al., i.V.). Dies gilt für die Lehrer*innenausbildung in ganz besonderer Weise: Angehende Lehrkräfte brauchen im Rahmen ihrer universitären sowie schulpraktischen Ausbildung Möglichkeiten, selbst mit digitalen Medien und über digitale Medien zu lernen, und zugleich ist es erforderlich, dass sie hierbei lernen, selber entsprechende Lerngelegenheiten für ihre späteren Schüler*innen zu schaffen (KMK, 2017).

Die Corona-Pandemie hat Digitalisierungstendenzen in der universitären Lehrer*innenbildung stark beschleunigt (König, Jäger-Biela & Glutsch, 2020). Der Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 sowie die seitdem zu ihrer Eindämmung ergriffenen Maßnahmen haben durch die mit ihnen einhergehende weitgehende Umstellung auf Distanzlehre weltweit zu erheblichen Veränderungen in der Gestaltung hochschulischer Bildungsangebote geführt (Carrillo & Flores, 2020). Kaum ein Standort war zunächst konzeptionell und infrastrukturell auf die Erfordernisse dieser Umstellung vorbereitet (Flores & Gago, 2020).

Nahezu studien- beziehungsweise kontextübergreifend deuten bisherige Forschungsergebnisse unter anderem darauf hin, dass sich digitale Lehr-Lern-Prozesse vor allem dann positiv und ertragreich gestalten, wenn sie curricular verankert sind, wenn infrastrukturelle Ressourcen ihre Umsetzung begünstigen, wenn Lehrende über erforderliche Kompetenzen in Bezug auf den Einsatz digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) verfügen und wenn der Einsatz digitaler Medien sich hinsichtlich seines Zweckes an den jeweils zugrunde liegenden Bildungszielen orientiert („Pädagogik vor Technik“) (Labusch, Eickelmann & Conze, 2020).

Auf Grundlage einer Operationalisierung der „Standards für die Lehrerbildung“ (KMK 2004/2019) wurden in der im Beitrag vorgestellten Studie, die im Rahmen des Projekts MEDAL (Medienkompetenzen angehender Lehrkräfte) im Frühjahr 2020 durchgeführt wurde, pädagogische Medienkompetenzen und ICT-Beliefs von Lehramtsstudierenden in Deutschland längsschnittlich untersucht (Porsch, Reintjes, Görich & Paulus, 2021). Die Ergebnisse zeigen keine substanziellen Veränderungen in Bezug auf pädagogische Medienkompetenzen und ICT-Beliefs bei den Befragten, was sich mit der Annahme der Autor*innen deckt. Erklärt wird dieser Befund mit dem Fehlen einer systematischen curricularen Verankerung und Implementation pädagogischer Medienkompetenzen sowie damit verbundener Lerngelegenheiten – auch während eines „digitalen Semesters“.

Vor dem Hintergrund der Befunde aus dem Forschungsprojekt MEDAL sowie unter Rückgriff auf Befunde aus dem Osnabrücker Lehrprojekt Lessons learned (Nonte et al., i.V.) werden abschließend Implikationen einer digitalisierten Lehrer*innenbildung (Labusch et al., 2020; Schmidt & Reintjes, 2020) diskutiert