Vortragende:
Prof. Dr. Christian Fischer (WWU Münster, TP 4-6)
Dr. Christiane Fischer-Ontrup (WWU Münster, TP 4-6)
Professor Dr. Johannes Mayer (Universität Frankfurt, TP 16)
Abstract:
Scaffolding in der individuellen Begabungsförderung: Verantwortung lernen - gemeinwohlorientiert handeln
Der Tridemvortrag untersucht, wie das Konzept des Scaffolding Schüler*innen bei der Übernahme von Verantwortung für ihr Lernen und das Gemeinwohl helfen kann. In Anlehnung an Vygotskys zone of proximal development bildet das Scaffolding Unterstützungsangebote im Rahmen eines anregungs- und herausforderungsreichen (individuellen oder kooperativen) Lern- und Arbeitsprozesses, der Freiräume bei der Aufgabenbearbeitung bzw. Problemlösung bietet und ein eigenständiges Handeln der Lernenden zum Ziel hat.
Im ersten Teil des Vortrages werden adaptive Projektformate des diagnosebasierten individuellen Forderns und Förderns im LemaS-diFF-Projekt zum interessenorientierten Lernen vorgestellt. Dabei ist das Scaffolding-Prinzip mit Blick auf die Zone der proximalen Potenzialentwicklung grundlegend. Zentral sind hier Strategien und Materialien zu selbstregulierten Lernprozessen, wobei das Scaffolding den allmählichen Abbau der Unterstützung der Lehrperson und die zunehmende Übergabe der Verantwortlichkeit an die Lernenden fokussiert. In dieser Lernarchitektur wird nicht nur die Verantwortung für das eigene Lernen adressiert, sondern bei den selbst gewählten Projektthemen werden zunehmend auch Problemstellungen zur Bildung für nachhaltige Entwicklung mit Blick auf die gesellschaftliche Verantwortungsübernahme thematisiert, womit ein Beitrag zum gemeinwohlorientierten Handeln der Schüler*innen geleistet werden kann.
Ausgehend von der These, dass mit Lernformaten immer auch die umgebende Kultur erworben wird, geht der zweite Teil des Vortrages der Frage nach, wie der Literaturunterricht zu einer inklusiven kulturellen Praxis beitragen kann. Anhand von Gesprächsformaten wird gezeigt, wie Unterstützungsangebote im Sinne des Scaffolding ein lernprozessbegleitendes Gerüst aufbauen, im Gesprächsformat zugleich aber auch eine kulturelle Praxis einüben, die von individuellen Erfahrungen, einer achtsamen Haltung sowie der gemeinsamen Spurensuche lebt. Die Forschungsergebnisse des Projekts LemaS-GRiP werden mit Überlegungen verbunden, wie die Übertragung dieser Erfahrungen weg von ihren „Ankerplätzen“ auf neue Handlungen und Situationen so gestaltet werden kann, dass sich die Sicherheit vertrauter Routinen und Situationsanforderungen verbindet mit einer selbstverantworteten Ausgestaltung partizipativer kultureller Praxen.
Abschließend wird das Scaffolding-Prinzip aus einer übergreifenden Perspektive im LemaS-Kontext mit Blick auf die Verantwortungsübernahme und Potenzialentfaltung diskutiert.